Montag, 30. Dezember 2013

Ein Wörtchen zum Örtchen


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Erste Begegnungen mit einem thailändischen "hong nam" ห้องน้ำ้

Hong = der Raum, nam = das Wasser. Hong naam heißt also wörtlich übersetzt "Wasserraum", und das bedeutet soviel wie Bad, Toilette. Und genau diesem hong nam soll dieser Artikel gewidmet sein. Jetzt fragen Sie: "Was soll das, was ist an einer thailändischen Toilette soviel anders als irgendwo auf der Welt?"  Nun, wenn Sie die Grenzen der Touristengebiete nicht verlassen, wenn Sie sich immer brav im Windschatten der Guide-Fahnen von TUI, Neckermann & Co. aufhalten, werden Sie selten einen Unterschied bemerken. Außer, daß Sie bei der Benutzung des hierzulande gebräuchlichen, nicht gerade als stabil zu bezeichnenden Toilettenpapiers des öfteren Ihren eigenen Durchbruch erleben.


Auch gleichzeitig als Dusche zu benutzen

 Unternehmen Sie jedoch einmal einen Ausflug ins Hinterland, dort, wo die Touristen spärlicher anzutreffen sind, und wo es schon ein wenig nach Landluft riecht, sehen Sie sich, zumindest die Frischlinge unter Ihnen einigen Problemchen gegenüber, die es zu bewältigen gilt.

Wie sieht es nun aus, so ein hong nam? Auf einem kleinen Podest befinden sich ein Loch und zwei Fußstapfen. So ähnlich, wie wir das aus manchen Gegenden Südeuropas, beispielsweise Südfrankreich kennen. Ein kleiner Unterschied besteht jedoch darin, daß die Dimensionen den kleiner gewachsenen Asiaten angepasst sind, was dem durchschnittlichen Europäer ein Mehr an Zielgenauigkeit abverlangt. Neben dieser Einrichtung befindet sich meist ein kleines Wasserbecken in dem ein Tupper-Schüsselchen schwimmt. Diese Kombination aus Wasserbecken und Schüsselchen ist nun nicht zum Dampfer-Spielen gedacht, sondern zum einen als Wasserspülung und zum anderen zur Reinigung Ihrer, nach erfolgreicher Beendigung des Geschäfts, betroffenen Anatomie. Das ist hygienischer als Papier und verhindert auch die Bildung von 'Bremsspuren' in der Unterwäsche. Wie dieses Reinigen nun im einzelnen funktioniert, muß wohl jeder, mehr oder weniger balancierend und um Standfestigkeit bemüht, für sich selbst herausfinden. Meist ist eine, in die Jahre gekommene, schwarz-braun-gelb-grüne Glibberseife vorhanden und oft steht sogar ein Handtuch neben der Türe.

Ich selbst bevorzuge die eher unhygienische Arbeitsweise und habe immer ein wenig Papier in meiner Hosentasche.
Also, immer etwas Papier mitnehmen, wenn Sie in ländlichen Gegenden unterwegs sind. In keiner Toilette werden sie Toilettenpapier finden. Auch nicht in den Restaurants. Das heißt, hier finden Sie schon welches. Dies steht jedoch auf den Tischen und dient als Papierserviette. Ist einfach preiswerter als richtige Servietten. Ja, Thais sind äußerst geschäftstüchtig. Es würde also recht dumm aussehen, schnappten sie sich eine Rolle Papierservietten und machten sie sich dann auf den Weg zum 'hong naam'.

Mein zweiter Tip gilt den Herren der Schöpfung, die ja bekanntlich anatomisch geringfügig anders gestaltet sind als unsere Frauen. Ich will hier an einem eigenen Erlebnis aufzeigen, welche heimtückischen Gefahren die Benutzung eines solchen hong naam mit sich bringen kann:
Es war an einem 24. Dezember, also Heiligabend, als wir als frisch verheiratetes Paar im Dorf meiner Ex-Frau ankamen. Für mich war es das erste Mal, daß ich mich so richtig in der Pampa Thailands befand. Aber viel Zeit zum Umschauen blieb mir nicht, denn von allen Seiten strömten diverse Tanten und Onkels mit Kind und Kegel auf uns zu, um uns zu Begrüßen und den Farang gebührlich zu bestaunen und zu begrapschen, um uns schließlich auf die Terrasse des kleinen Häuschens meiner Ex-Frau zu begleiten.


Geringfügig verbesserungsbedürftig.
 Nun mag es an dem langen Flug, der Fahrt vom Flughafen ins Dorf, an den von 'Schlagkratern' übersäten Straßen oder am Anblick der vielen Tanten gelegen haben, auf jeden Fall spürte ich, dass mein Magen-Darmtrakt eine intensive physikalische Zustandsgröße aufbaute, die man herkömmlich auch als Druck bezeichnet. Dieser Zustand verlangte nach einem umgehenden, unaufschiebbaren Druckausgleich. Meine Frau geleitete mich also flugs zu den Örtlichkeiten, zündete dort, da kein Strom vorhanden und schon dunkel, zwei Kerzen an, drückte mir eine Rolle Papier in die Hand und wünschte mir gutes Gelingen.

Da die Zeit drängte, machte ich mich sogleich ans Werk. Mißmutig beäugt von einer dicken, fetten Kröte, streifte ich meine Hosen hinunter, versuchte, in den Fußstapfen einen festen Stand zu bekommen und einigermaßen zu zielen, während die Kröte noch mißmutiger dreinschaute.
Wenn der Schmerz nachläßt, fühlt man sich etwas freier, und die Gedanken werden wieder klarer. Ich hatte alles noch rechtzeitig überstanden, nur die Kröte schaute mich nun äußerst angewidert an als wolle sie sagen: "Typisch Farang, kommt 10.000 km geflogen und stänkert mir mein Wohnzimmer voll. Altes Ferkel!!"


Bei ein paar Promille droht Absturzgefahr
Beim Ordnen meiner Beinkleider bekam ich jedoch einen mächtigen Schreck. Was war da passiert? Da war alles naß!!! Vor lauter Zielübungen und Kröte hatte ich meine ganze Hose hinten bepinkelt. Ja, meine Herren, wie gesagt, der kleine anatomische Unterschied. Ein Tip: Hosen ganz herunter und einen rostigen Nagel zum Aufhängen derselben suchen. Hätte ich nur früher wissen sollen.

Da stand ich nun, an Heiligabend im Jahre des Herrn 2003, ganz stimmungsvoll bei Kerzenschimmer, in einem echten, weihnachtlich-thailändischen hong nam, mit total bepißen Hosen. Und draußen wartete ein Rudel neugieriger Tanten.

"Angriff ist die beste Verteidigung" dachte ich mir, und ging vorsichtig, immer mit dem Rücken zur Wand nach draußen um den Koffer mit den Klamotten zu suchen. Den Koffer habe ich dann auch gleich entdeckt. Er stand natürlich auf der entgegengesetzten Seite der Terrasse, inmitten der, inzwischen auf dem Boden sitzenden, Onkels und Tanten, von denen mich besonders eine davon überschwänglich und zahnlos anlächelte. Von meiner Frau natürlich keine Spur.

Ich stand also, fest an die Wand gepreßt und machte Pantomimen-Smalltalk. Der Aufforderung, mich doch auch zu setzen entgegnete ich mit Zeichensprache und deutete an, dass ich vom Flug starke Rückenschmerzen habe und lieber stehen würde. Können Sie sich vorstellen, was man da seelisch mitmacht? Wie der Leidensdruck immer größer wird, besonders, wenn eine der Tanten, die mit den Zähnchen zum Durchspucken, an einem herumfummelt?


Ja, das gibt´s auch in Modern.

Endlich kam der Rettungsengel in Gestalt meiner Ex-Frau. Nach kurzer Erklärung, daß ich ganz dringend den Koffer mit der Ersatzbereifung benötigte, zog ich mich ins Innere des Häuschens zurück, das Achterdeck natürlich zuerst, lächelnd und mit einigen tiefen Verbeugungen in Richtung der Tanten. Hab' ich so mal irgendwie in einem japanischen Film gesehen aber egal, Hauptsache Asien. Ich verdrückte mich, rückwärtsgehend in ein kleines Räumchen und wartete auf den Koffer. Ich wartete...und wartete... Aber es kam nichts. Als ich dann, mit einigen Verrenkungen, aus dem Zimmer lugte, erspähte ich ihn, meinen Engel. Dieser stand in der offenen Türe und bog sich vor Lachen, sich krampfhaft am ersehnten Ersatzteilkoffer festhaltend. Den ausgelassenen Lachsalven des Publikums konnte ich entnehmen, daß, zwischen Prusten und Glucksen der wahre Sachverhalt meiner Rückenschmerzen der buckligen Verwandtschaft brühwarm verklickert wurde.

Also wirklich, es gibt Momente, da fühl' ich mich so richtig unverstanden.

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Grüße aus Jomtien
Retepom

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