von Jack König
Meine Freundin Su und ich begaben uns zum Markt.
Da sich bei ihr der Hunger meldete, bestellen wir Essen.
Patsiju oder so ähnlich wird meine Speise benannt, breite Nudeln mit Gemüse und Fleisch.
Schmeckt gut.
Sie bestellt sich Somtam, dass ich zu der Zeit noch nicht kannte.
Das Somtam wird serviert.
Oh mein Gott, was für ein Geruch.
Ich bin froh, noch nicht viel einverleibt zu haben da mein Mageninhalt am liebsten den Rückweg antreten will.
Nun schliesse ich den Riechkolben mit meinen Fingern.
Das aber ist doch wirklich unanständig, so was sollte ich doch nicht machen.
Su macht mich darauf aufmerksam, dass es beleidigend wirken könnte.
Also Finger weg von meinem geplagten Lufteinlass.
Die Köchin reagiert mit einem Lächeln.
Zu Hause suche ich im Internet nach geeigneter Literaturn.
Nun wird mir einiges klar, Somtam beinhaltet fermentierten Fisch.
Fisch riechen ist für mich schon eine Plage.
Beinahe täglich nun Somtam.
Will mal nicht so sein, umklammere mein Riechorgan mit zwei Fingern und probiere ein wenig.
Brrrrrrrr, Bääääääääh, Schauder.
Wieder benehme ich mich nicht gerade so, wie es der Anstand gebietet.
Nun spricht die Herstellerin dieses stinkenden (Entschuldigung) Etwas ein paar Worte zu Su.
Sie ist verständlicherweise leicht verärgert.
Ok OK, will mich bessern und setze mich so hin dass der Geruch mich nicht erreichen kann.
Wie es hier nun mal so ist, sind innert kürzester Zeit die meisten Leute im Dorf über mein Verhalten informiert.
Gelächter ist zu hören.
Die Köchin wedelt mir noch die nach Somtam riechende Luft zu.
Soll ich jetzt die beleidigte Leberwurst spielen?
Nein, jetzt wird auf Rache gesinnt.
Da mir mein Sohn noch diverses aus der Schweiz schicken will, bestelle ich auch etwas "räsen" Appenzellerkäse.
Das ist das am stärksten riechende Milchprodukt der Schweiz.
Erklärung:
Für alle, die nicht wissen wie sich das Käsearoma auf die Geschmacksnerven auswirkt, eine kurze Anleitung zur Herstellung dieses Wohlgeruchs.
Dazu sind absolut keine Vorkenntnisse als Käser nötig
Als erstes zieht ihr euch feuchte Socken über die am weitesten vom Kopf entfernten Körperteile.
Danach schlüpft ihr in ältere, aber wasserdichte Gummistiefel.
Nun das wichtigste... während ca. einem Monat dürft ihr dieselben nicht von den Füssen entfernen.
Nach Ablauf der vorgegebenen Zeit ist es endlich soweit.
Entfernt die Gummistiefel von euren Füssen (ev. mit Hammer und Meisel)
Nun haltet euch die übriggebliebenen Reste der Socken unter eure Nase.
Nach dem Aufwachen aus der Ohnmacht brauchen die deformierten Nasenschleimhäute vermutlich einige Zeit, um sich zu erholen.
Anmerkung: sollten irreparable Schäden auftreten wird kein Schadenersatz geleistet.
Auch werden weder Stiefel noch Socken ersetzt.
Erklärung Ende.
Endlich bringt der Postbote das erwartete Paket.
Den Käse kann man schwach durch die Verpackung riechen.
Wunderte mich ehrlich, dass die Post das Paket nicht vernichtet hat.
Doppelt eingeschweisst und trotzdem ist dieser Wohlgeruch deutlich wahrnehmbar.
Mhhmmmm...
Su bittet mich, dieses Schweizer Produkt doch draussen meinem Körper zuzuführen.
Kein Problem für mich.
Ich bewahre den Käse incl. der Käserinde in einem Kunststoffgefäss auf.
Nun, irgendwann bleibt leider nur noch die Rinde übrig.
Jetzt ist die Zeit meiner Rache in Reichweite gerückt.
Gefäss einige Zeit der Sonne ausgesetzt, damit sich das Aroma voll entfalten kann.
Dann zum Markt, Somtam-Shop.
Die Neugierde hat die Inhaberin gepackt und sie fragt mich, was sich in der Box befindet.
Ich öffne diese und halte sie ihr unter die Nase.
Die kulinarischen Aromen werden eingeatmet.
Ein Schrei lässt die Luft erzittern.
Mit einer Geschwindigkeit, die ich ihrem Körper nie zugetraut hätte, flieht sie nach hinten.
Sie fuchteln mit den Armen in der Luft und die Leute schauen erstaunt zu ihr.
Nun ist die Zeit für mich gekommen, um ein Gelächter anzustimmen.
Nach einigen Minuten traut sie sich wieder etwas in die Nähe.
Mit ungewohnt lauten Worten macht sie ihrem Unmut Luft.
Nun muss Su die Dolmetscherin spielen.
Ich frage die Somtam-Zubereiterin, ob ihr dieser Duft zusagt.
Su übersetzt mir die vielen entgegengeworfenen Worte mit einen einfachen "nein".
Gut für mich (in diesem Moment), dass ich der thailändischen Sprache nicht mächtig bin.
Ich mache ihr nun klar, das Somtam für mich in etwa so riecht, wie sie den Geruch des Käses einstuft.
Jetzt bekomme ich ein Lächeln zugeschickt, das ich selbstverständlich erwidere.
Mehr als eine Stunde lang wird noch geredet und gelacht.
Und immer wieder riechen die Leute an der Käsebox, jedoch öffnen durfte ich sie nicht mehr.
Gruß aus dem Isaan
Jack
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